Neu Delhi/Jakarta/Colombo - Die UN befürchten, dass die Zahl der Todesopfer der Flutkatastrophe in Süd- und Südostasien auf mehr als 150 000 steigt. Wie der UN-Nothilfekoordinator Jan Egeland in New York sagte, werde es eine endgültige Gesamtzahl der Toten kaum geben. Es seien unzählige Fischer auf dem offenen Meer umgekommen, und ganze Dörfer seien hinweggeschwemmt worden, so dass die Opferzahl nicht genau festgestellt werden könne.
Die Flutkatastrophe hat nach bisherigen Angaben 124 000 Tote gefordert. Befürchtet aber werden noch tausende Opfer. Hunderttausende sind von Epidemien bedroht. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) wurden etwa fünf Millionen Menschen infolge der Flutwellen obdachlos. Die internationale Hilfe für die Millionen von Überlebenden läuft auf Hochtouren.
Die Zahl der in Südostasien identifizierten deutschen Tsunami- Toten stieg auf 34. Bundeskanzler Gerhard Schröder setzte sich für langfristige Hilfen für die betroffenen Länder ein. Bislang haben mehr als 30 Staaten und Organisationen rund 1,2 Milliarden Dollar (rund 880 Millionen Euro) an Finanzhilfe bereitgestellt oder fest zugesagt.
Sechs Tage nach dem verheerenden Seebeben rechnet allein die indonesische Regierung inzwischen mit 100 000 Toten, offiziell bestätigt waren zunächst knapp 80 000 Opfer. In Sri Lanka wurden 28 475 Tote bestätigt, mehr als 4870 Menschen wurden noch vermisst. Die beiden Länder sind am schwersten von der Katastrophe betroffen. Rettungskräfte warnten vor dem Ausbruch von Seuchen und einer Hungersnot, sollten dringend benötigte Hilfsgüter nicht schnellstens zu den Überlebenden gelangen.
Schröder schlug vor, die Industriestaaten sollten Partnerschaften mit den betroffenen Regionen für deren Wiederaufbau eingehen. Der französische Staatspräsident Jacques Chirac sprach sich am Freitag als Konsequenz aus der Tsunami-Katastrophe für eine «humanitäre schnelle Eingreiftruppe» der Vereinten Nationen aus. Außerdem müsse ein effizientes Frühwarnsystem geschaffen werden, um ähnliche Katastrophen zu verhindern. Papst Johannes Paul II. zelebrierte um Mitternacht in seiner Privatkapelle eine Messe für die Opfer.
Die Zahl der in Südostasien identifizierten deutschen Toten stieg auf 34. Deutlich mehr als 1000 Reisende würden noch vermisst, und die Zahl steige ständig weiter, sagte der Staatssekretär im Auswärtigen Amt, Klaus Scharioth, am Freitag in Berlin. 300 verletzte Deutsche seien registriert worden. Bisher seien 5700 deutsche Urlauber in die Heimat zurückgebracht worden. Bis Samstagmittag sollten weitere 1000 folgen. Die Identifizierung ist laut Scharioth sehr schwierig.
In Indien bestätigte die Regierung 7736 Tote, befürchtet wurden 12 000 Opfer. In Thailand starben nach offiziellen Angaben 4500 Menschen. Bis zum Freitag seien allein in der besonders schwer betroffenen Provinz Phang Nga nördlich der Touristeninsel Phuket weitere 3689 Todesopfer registriert, darunter 2027 westliche Ausländer, sagte der stellvertretende Provinzgouverneur Haitun Waichai der dpa.
Das UN-Hochkommissariat für Flüchtlinge (UNHCR) startet am Sonntag eine Luftbrücke in das indonesischen Katastrophengebiet Aceh. Vorerst sollen 100 000 Menschen unterstützt werden, wie die UN-Organisation in Genf mitteilte. «Wir werden Material für Unterkünfte für etwa ein Fünftel der betroffenen Bevölkerung bringen, das ist aber erst der Beginn unserer Hilfsoperation», erklärte UN-Flüchtlingskommissar Ruud Lubbers. In Sri Lanka konnte das UNHCR bereits 20 000 Menschen mit Hilfsgütern versorgen.
Jakarta - Nach der Flutkatastrophe mit mindestens 125 000 bestätigten Toten wird die Hilfe für die Überlebenden zum Wettlauf mit der Zeit: Seuchen, Wassermangel und eine Hungersnot bedrohen die Menschen in den Krisengebieten. Auf Sri Lanka werden Wasser und Nahrung knapp. In Indonesien sind möglicherweise bereits hunderte Menschen an Cholera erkrankt. Angesichts der hohen Vermisstenzahlen scheinen sich Befürchtungen, die Flutwelle könnte deutlich mehr als 150 000 Menschen den Tod gebracht haben, zu bewahrheiten.
Auswärtiges Amt rät von Reisen in Katastrophenregion ab
Berlin - Das Auswärtige Amt hat Angehörige von Südostasien- Touristen dringend davor gewarnt, auf eigene Faust in der Katastrophenregion nach Vermissten zu suchen. «Sie können in der Region nichts bewirken», sagte Staatssekretär Klaus Scharioth in Berlin. Straßensperren wegen der Bergung der Opfer und wegen der Seuchengefahr machten das Vorwärtskommen unmöglich. Die Zahl der Vermissten steige weiter, sagte er. Sie liege «deutlich über tausend».
Flugzeuge mit Verletzten der Flutkatastrophe landen in Frankfurt
Frankfurt/Main - Nach der Flutkatastrophe in Asien treffen weiterhin Flugzeuge mit verletzten Touristen auf dem Frankfurter Flughafen ein. Am Neujahrsmorgen landeten drei Maschinen aus Bangkok, wie ein Flughafensprecher mitteilte. Einzelheiten über die Zahl der Verletzten oder ihre Herkunft lagen zunächst nicht vor. Der für den Abend erwartete Flug einer Condor-Maschine aus Bangkok über München nach Frankfurt werde sich erheblich verzögern, sagte der Sprecher. Möglicherweise warte die Maschine auf weitere Verletzte.
Banda Aceh - Sechs Tage nach der Flutkatastrophe behindert Chaos im besonders schwer getroffenen Norden der Insel Sumatra massiv die Hilfsarbeiten. Transport, Kommunikation, alles sei zusammengebrochen, sagte eine Sprecherin der Hilfsorganisation Oxfam. Wasser und sanitäre Einrichtungen könnten seit zwei Tagen nicht in die Katastrophengebiete gebracht werden. Befürchtungen, wonach die Flutwelle deutlich mehr als 150 000 Menschen den Tod gebracht haben könnte, scheinen sich zu bewahrheiten.
Psychologen für traumatisierte Flutopfer-Kinder gesucht
Köln - Zum Soforteinsatz für traumatisierte Kinder in den Katastrophengebieten Asiens sucht der Malteser Hilfsdienst bundesweit dringend Kinder- und Jugendpsychologen. Es gehe vor allem um die Betreuung von Kindern aus der Krisenregion, die durch die Flutwelle im Indischen Ozean Eltern oder Verwandte verloren haben, heißt es in einer Mitteilung. Die Fachkräfte werden auch zur Vermittlung an Krankenhäuser benötigt.
Berlin - Die Fußball-Profis von Manchester United stellen den Flutopfern umgerechnet 140 000 Euro zur Verfügung und haben damit den bereits zugesagten Betrag verdoppelt. Alle 20 Clubs der Premier League hatten bereits jeweils 70 000 Euro gespendet. Die Profi-Kollegen von Charlton Athletic folgten dem Schritt von Manchester United. Die Spieler von dessen Ortsrivalen Manchester City kündigten laut BBC unterdessen ebenfalls eine größere Spende an.
Berlin - Deutschland verstärkt seine Hilfe für die Katastrophenregionen in Südostasien. Die Bundeswehr errichtet in der besonders betroffenen Provinz Aceh im Nordosten Indonesiens eine Krankenstation. Der Staatssekretär im Auswärtigen Amt Klaus Scharioth warnte Angehörige dringend davor, auf eigene Faust nach Vermissten zu suchen: «Sie können in der Region nichts bewirken.» Straßensperren machten das Vorwärtskommen unmöglich. Die Zahl der deutschen Vermissten steige unverändert, sagte Scharioth weiter.
Flutkatastrophe zeigt Menschen laut Kirchen die Grenzen auf
Hamburg - Nach Auffassung der beiden großen Kirchen in Deutschland zeigt die Flutkatastrophe in Asien den Menschen ihre Grenzen auf. Sie biete zugleich die Chance für ein neues, globales Denken. Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Bischof Wolfgang Huber, sagte in seinem «Wort zum Jahresbeginn», der Einsatz der Helfer und Spenden trügen bei zu einer Brücke der Menschlichkeit. «Wir lernen wieder, auf die Maßstäbe zu achten», so Huber.
Hunger in Sri Lanka: «Es gibt nichts als ein wenig Reis»
Colombo - Sidney Gunasekera wartet an Neujahr schon seit Sonnenaufgang an der Küstenstraße von Colombo nach Galle - zusammen mit seiner Frau, drei Kindern und Nachbarn. Sie hoffen auf einen Lebensmitteltransport, doch die Lastwagen kommen immer seltener. «Seit drei Tagen haben wir nichts anderes zu essen bekommen als ein wenig Reis», sagt der 55-Jährige. Sobald ein Minibus oder Lastwagen am Straßenrand hält, wird er sofort von Menschen umlagert. Doch häufig wird die Hoffnung enttäuscht. Sechs Tage nach der Flutkatastrophe herrscht Hunger in den Krisengebieten Sri Lankas.
Im Flüchtlingscamp Kalamulle etwa 60 Kilometer südlich der Hauptstadt Colombo gibt es für jeden der 400 Bewohner etwa 370 Gramm Reis pro Tag - sonst nichts. «Wir haben kein Gemüse und kein Obst», sagt Lagerchef Maspanne Gunalancare Thero, ein buddhistischer Mönch. «Weil es keine Gaskocher gibt, dauert es stundenlang, bis auf Holzfeuer genügend Wasser erhitzt ist, um den Reis zu kochen. Es fehlen Plastikflaschen, mit denen die Menschen das Wasser an den Tanks abzapfen können. Für 400 Menschen gibt es zwei Toiletten. Wir befürchten daher, dass Cholera ausbrechen könnte», sagt Thero.
Zur Eindämmung der Seuchengefahr durchkämmt Sergeant Saupath Kumara mit Soldaten der Navy 30 Kilometer weiter südlich die Palmenhaine am Strand. Noch immer liegen unter unter Haustrümmern und im Gebüsch Leichen verborgen. Der Verwesungsgeruch wird vom Wind über die Straße getragen. «In diesem Abschnitt werden noch etwa 30 Menschen vermisst», sagt Kumara. «Wir gehen daher davon aus, dass wir noch etliche Leichen finden werden.» Die Toten werden zur Identifizierung zur nächsten Polizeistation gebracht und dann begraben.
Wenige Kilometer weiter reinigen etwa 50 Schüler des Royal College Colombo den Vorhof des buddhistischen Neyeke-Tempels. Sie fegen Unrat zusammen, reinigen den Brunnen und stapeln das angeschwemmte Holz. 1400 Flutopfer schlafen in der weitläufigen Tempelanlage. «Die Mönche haben uns gebeten, den Hof zu reinigen, damit die Menschen mehr Platz haben», erklärt Schulleiter Gonesite Upalai.
Initiativen wie diese gibt es viele: So fährt Sisira Gunawardana täglich auf eigene Kosten hunderte Kilometer, um die Menschen mit Trinkwasser zu versorgen. Er kommt aus dem Landesinneren, aus Ratna Pura, wo er das Wasser aus einem Bergloch schöpft. Zwei Tanks mit insgesamt 3000 Litern hat er auf der Ladefläche. Wenn er stoppt, bilden sich sofort lange Schlangen von Menschen. «Ich will einfach nur helfen», sagt Gunawardana. «Denn diese Flut war ein Schock für uns alle.»
Banda Aceh - Horror ohne Ende: Nach der Flutkatastrophe behindert Chaos im Norden der Insel Sumatra massiv die Hilfsarbeiten. Transport, Kommunikation, alles sei zusammengebrochen, sagte eine Sprecherin der Hilfsorganisation Oxfam. Wasser und sanitäre Einrichtungen könnten nicht in die Katastrophengebiete gebracht werden. Offiziell bestätigt wurden inzwischen rund 122 000 Todesopfer in den am meisten betroffenen Regionen. Die Behörden befürchten einen Anstieg dieser Zahl auf über 160 000.
Hilfe für Flutopfer wird zum Wettlauf gegen die Zeit
Jakarta - Nach der Flutkatastrophe in Südasien wird die Hilfe für die Überlebenden zum Wettlauf gegen die Zeit: Seuchen, Wassermangel und eine Hungersnot bedrohen die Menschen in den Krisengebieten am Indischen Ozean. Auf Sri Lanka werden Wasser und Nahrung knapp. In Indonesien sind möglicherweise bereits hunderte Menschen an Cholera erkrankt. Es scheinen sich Befürchtungen zu bewahrheiten, wonach die Flutwelle deutlich mehr als 165 000 Menschen den Tod gebracht hat.
Sehr große Spendenbereitschaft für Flutopfer in Deutschland
Berlin - In Deutschland zeichnet sich eine überaus große Spendenbereitschaft für die Opfer im asiatischen Katastrophengebiet ab. Der DRK-Kontostand habe sich innerhalb nur eines Tages auf 7,2 Millionen Euro verdoppelt, sagte ein Sprecher. Das sei in Anbetracht der Silvesterfeiern sensationell. Auch bei der «Aktion Deutschland hilft» gingen nach Auskunft der Organisation viele Spenden ein. Bei der Aktion arbeiten zehn Hilfsorganisationen zusammen, darunter World Vision, Care Deutschland und die Johanniter-Unfall-Hilfe.
Lazarett-Airbus «MedEvac» erneut auf dem Weg nach Deutschland
Köln - Nach kurzem Aufenthalt in Thailand ist der Lazarett- Airbus «MedEvac» der Bundeswehr von Phuket aus wieder Richtung Deutschland gestartet. Er hat rund 40 Urlauber an Bord, die bei der Flutkatastrophe in Südasien verletzt worden waren. Der Sanitätsdienst der Bundeswehr stellt die Betreuung der Patienten während des Fluges sicher. Der Airbus wird am Morgen in Köln erwartet. Bereits am Freitag war der Jet dort mit 49 schwer verletzten Urlaubern gelandet.
Galle - Eine Woche nach der Flutkatastrophe sind auf Sri Lanka nach offiziellen Angaben weder Cholera noch andere Seuchen ausgebrochen. «Es gibt keinen einzigen bestätigten Fall.» Anders lautende Angaben kämen von «uninformierten Menschen». Bislang gebe es auch keine Berichte über den Ausbruch anderer Seuchen, sagte de Silva. Die Vorrichtungen zur Verhinderung von Epidemien seien zufriedenstellend, könnten aber angesichts des Ausmaßes der Katastrophe nicht exzellent sein. Man gehe trotzdem davon aus, dass es nicht zum Ausbruch von Seuchen kommen werde. Mehr dazu im Thema des Tages.